Wenn ich einen Veganer höre, der einem wurstbrotessenden Nicht-Veganer erklärt, wie schlimm die Zustände in der Massentierhaltung seien, schüttele ich nur den Kopf. Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass das etwas bringt. Der Wurstesser wird, wenn er denn Lust hat, sich das bis zu Ende anzuhören, höchstens genervt sein. Und prompt einen Großteil der Veganer als nervtötent abstempeln. Aus diesem Grund versuche ich immer, nicht ungefragt über meine Überzeugungen zu reden. Ich bin der Meinung, dass, wenn ich jemandem ein Gespräch über Ethik in der Tierhaltung aufzwinge, dieser nur einen Rückzieher machen wird, weil er sich in seiner Lebensweise angegriffen fühlt. So ist auch meine Überzeugung, dass ich allein mit ausgefallenen veganen Rezepten “argumentiere”. Denn was kommt bei vielen Diskusionen dieser Art am Ende herraus? Richtig. “Mir schmeckt’s halt so.”
Nichtsdestotrotz passierte es mir gestern, dass ich meine selbstaufgestellte Regel gebrochen habe – als ich nämlich mit meiner Freundin einkaufen ging und sie meinte, sie hätte so Lust auf Joghurt. Mit diesen Worten lief sie schnurstraks zum Kühlregal und griff sich zwei Becher Bio-Natur-Joghurt. Weil ich sie des öfteren mit den verschiedensten Sachen aufziehe, gerade das Hörbuch von Karen Duve gehört und das Buch von Jonathan Safran Foer las, lagen die nächsten Sätze nicht fern. Ich spielte sozusagen einen militanten Veganer, indem ich in etwa sagte: “Aber denke doch nur an das Kalb, welches der Mutter entrissen und ein paar Wochen später geschlachtet wird, nur damit aus der Milch der Mutter Joghurt gemacht werden kann.” Und ich meinte es wirklich nur als Spaß. Ich akzeptiere es, wenn sie Milchprodukte kauft, was sehr selten und dann auch nur in bio passiert. Was dann passierte, ließ mir sämtliche Gesichtszüge entgleiten. Sie stellte die Becher wieder zurück. Unglaublich, es funktioniert wirklich.
Kurz darauf wurde mir jedoch wieder klar, warum ich so etwas nie machen wollte. Ich fühlte mich unglaublich schlecht dabei, ihr Schuldgefühle einzureden, nur damit sie den Joghurt nicht kauft. Ich glaube, diese Entscheidung muss aus dem Inneren kommen. Erst dann hat sie genügend Kraft, dass sie durchgehalten wird. Also bleibe ich bei der Meinung, dass dies der falsche Weg ist, auch wenn ich jetzt weiß, dass es zumindest im Augenblick funktioniert.
Was denkt ihr darüber?
Euer unverbesserlicher Koch
Ich bemühe mich, auch mit niemandem zu diskutieren. Das interessante ist, dass ich ständig von Fleischessern versucht werde, in irgendwelche albernen Diskussionen gezogen zu werden. Ich reagiere aber einfach nciht mehr darauf so wie sie es erwarten und so verpufft es meistens. Was ich aber auch merke ist, dass Leute in meinem Umfeld sich anfangen für vegane Lebensweise zu interessieren und mich anfangen zu löchern, wie man dies und das kochen/zubereiten kann. Auf so Gespräche lasse ich mich natürlich gerne ein. Ich lebe einfach mein Leben und versuche dabei niemandem auf den Sack zu gehen und zu zeigen, dass man wunderbar mit einer veganen Lebensweise klar kommen kann und dabei lecker essen kann ohne Hungern zu müssen. Ich glaube, dass man mit sowas viel mehr erreicht. Ich fühle mich bspw. auch immer eher abgeschreckt, wenn mir jemand mit irgendwelchen Argumenten und Tierrechtsgedöhns kommt. Da merke ich, das selbst ich anfange, dicht zu machen. So sind zum Beispiel auch Deine Videos, wo Du zeigst, wie einfach man was leckeres zusammenbasteln kann, effektiver als irgendwelche Schockvideos.
Ich glaub, über Genuss und Lebensqualität kann man mehr erreichen. Das weitergehende Interesse kommt dann schon ganz von selbst.
schuldgefühle kann man nicht “einreden”. entweder man hat sie oder nicht.
und wieso sollte man sich nicht schuldig fühlen, wenn man schuld am tierleid ist? anderes beispiel: jemand schlägt sein kind. wenn du ihm jetzt sagst dass er dem kind weh getan hat, redest du ihm dann unzulässigerweise schuldgefühle ein?
ich fands toll was du gemacht hast, man braucht natürlich etwas fingerspitzengefühl und sollte auf keinen fall anklagend sein und denjenigen ungefragt bei jeder gelegenheit vorwürfe machen, aber deine art ist doch anscheinend gut angekommen – ich würde es als erfolg verbuchen!
wir sind doch alle nicht vegan geworden weil wir uns irgendwann gedacht haben “ich werd jetzt mal vegan” – da waren immer informationen von anderen beteiligt, ob es jetzt über das netz war, über freunde oder nachrichten. gäbe es nicht leute, die uns über misstände informieren, würde niemand sein verhalten ändern!
also ich finde das total richtig und wichtig, die WAHRHEIT zu sagen. allerdings gehört dazu jede menge feingefühl, die richtige person und den richtigen moment zu erhaschen… also nicht nerven oder leute belabern, die wirklich jenseits von verstehen sind.
fakt ist aber: ganz viele leute WOLLEN in ihrer lebensweise angegriffen werden, ihre augen nicht verschließen. ich selber wurde damals nur veganer (und bin dabei geblieben), WEIL jemand klartext gesprochen hat. wenn mein billig-pulli von kindern genäht wird, will ich das hören, so direkt wie möglich. am besten in h&m beim anprobieren. etc, etc…
wir wollen doch frei entscheiden, informiert sein, unsere welt gestalten…? dazu gehört auch, sich von anderen immer wieder den kopp waschen zu lassen… wer sich von der wahrheit angegriffen fühlt… sorry, aber: aufwachen! willkommen im 21. jahrhundert! 😉
Ich kann dem zustimmen, in allen Lebensbereichen versuche ich dem Motto zu folgen „Rede nicht, bevor du gefragt wirst – aber lebe so, dass du gefragt wirst“ ^^ .. und wenn dann jemand fragt, fühle ich ganz genau in die Situation, ob ich von mir erzähle – oder ob ich eben nur sagen, wenn du Interesse hast, hier ein Buchtipp, Website, einen Film.. Ich selbst hab kein Problem damit, wenn andere mit mir am Tisch sitzen und Fleisch/Milchprodukte essen, da bin ich Tolerant – ein schöner Nebeneffekt dieser Toleranz ist, das in meinem Freundeskreis von ganz allein ein Wunsch entstand bei Feten, oder wenn wir irgendwo hingehen, sich zu kümmern, das ich was veganes zu Essen habe .. was zu folge hatte, dass sie selbst das ein und andere Rezept probierten und das dann so lecker fanden, das sie es so in Ihren Essensplan aufnahmen.. das kommt einer stillen Unterwanderung gleich ^^ ..
Ich trete auch nicht von mir aus die vegane Diskussion an. Aber da ich sehr offen damit umgehe, werde ich schnell mal darauf angesprochen. Und dann finde ich es ehrlich gesagt schon wichtig, dass man auch erklärt, warum vegan leben Sinn macht. Weil ich immer wieder feststelle, dass doch einigen Leuten gewisse Dinge gar nicht klar, nicht bewusst sind – oder so weit im Kopf zugetackert, damit sie nicht darüber nachdenken müssen. Und da finde ich es gar nicht falsch, wenn man ihnen doch aufzeigt, was es heisst, so zu leben wie sie leben… Ich habe z.B. gerade letzte Woche eine spannende Diskussion mit einem Arbeitskollegen gehabt, der nicht gewusst hat, dass die Kuh nicht happy darüber ist, wenn ihr doch sowieso voll Milch gefüllter Euter gemolken wird! Und er ist kein Einzelfall. Ergo ist Aufklärung nicht falsch. Aber man muss schon gut schauen wer wie was an Informationen verträgt, klar.
Was klar ist: Man kann niemanden überzeugen. Ein jeder muss für sich den Entscheid in seinem Inneren treffen. Aber dazu kann man beitragen! Warum wird jemand Vegetarier/Veganer? Weil er sieht, hey das geht, weil er hört, warum man es tut, weil er auf die Art, die er braucht ans Thema herangeführt worden ist.
In Bezug auf den nicht veganen Partner bin ich aber grundsätzlich genauso der Meinung, dass man da auch nicht zuviel Druck ausüben darf, ansonsten das der Partnerschaft wohl schadet. Und man will ja niemandem das Essen verbieten… trotzdem schwierig, wenn man doch eigentlich den Partner gerne doch auch vegan hätte, oder?
Ich weiss, ich habs schon mal gesagt an anderer Stelle ;-); überrasch sie doch mit einem selbstgemachten Kokosmilchjoghurt.
Ich denke auch, dass es auf den richtigen Mix ankommt. Wirkliche Überzeugung entsteht immer aus einem Erkenntnisprozess – man kann niemanden dazu zwingen, eine bestimmte Meinung zu haben.
Andererseits muss ein Erkenntnisprozess auch erst einmal in Gang gebracht werden. Deshalb finde ich es gut, dass es Aktivisten gibt, die das Thema immer wieder ins öffentliche Bewusstsein drücken.
Im alltäglichen Umgang mit Nicht-Vegetariern/Veganern ist das m.E. aber die falsche Strategie. Als ich selbst noch Fleisch gegessen habe hab ich auch immer gleich auf Durchzug geschaltet wenn das Thema aufkam. Wieso sollte es heute bei anderen anders sein? Wir mögen es eben nicht, wenn unsere liebgewonnenen “Wahrheiten” in Frage gestellt werden.
Einfach vorzuleben, dass man als Veganer wunderbar lecker essen kann, dass man sich kein Bein ausreißen muss, um vegan zu leben, und dass uns Pflanzen alles liefern, was wir zum Leben brauchen – das ist eine wunderbar subversive Stragegie, um unsere Botschaft rüberzubringen.
Fazit: Außer wenn jemand groben Unsinn erzählt (“Ich kaufe ja nur Bio-Fleisch” etc.) halte ich den Mund und warte darauf, dass mich jemand von sich aus auf meine Ernährungsweise anspricht. Und das passiert früher oder später eigentlich immer.
Ich schließe mich mal Daniel an.
Als ich noch total carnivor unterwegs war, haben mich diese Spießer-Veganer sehr angekotzt, die sich ihrer Lebensweise wegen auf einen moralischen Podest stellen und sich für Gott weiß was Besseres halten. Das heißt ja nicht, dass sie nicht in gewissen Dingen Recht haben, aber mit Arroganz und Ignoranz kommt man einfach nicht weit. Ignoranz, weil solche Moralapostel, wie sie mir leider doch recht häufig begegnen, völlig vergessen zu haben scheinen, dass sie selbst mal (in den meisten Fällen) fleischkonsumierend durch die Straßen gelaufen sind. Ich selbst bin mittlerweile auch Veganer, aber das dank freundlicher Menschen, mit denen ich bei passender Gelegenheit interessante Gespräche geführt habe – aus eigenem Interesse an der Sache, wieso so ein von außen betrachteter “Verzicht” in Frage kommt. Besserwisser udn Klugscheißer hingegen mag niemand, vor allem nicht der bundesdeutsche Bildleser mit all seinen Vorurteilen und festgefahrenen Denkstrukturen.